BGH: Aufklärungspflicht über Kick-Backs seit 1990

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat längst klargestellt, dass eine Bank im Rahmen einer Anlageberatung über an sie fließende Rückvergütungen, sogenannte Kick-Backs, aufzuklären hat. Diese Pflicht bestand jedoch nicht erst seit den Entscheidungen des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH) aus den Jahren 2006 und 2009, welche die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu einem vieldiskutierten Thema werden ließ. Denn auch schon vor der sogenannten Kick-Back I – Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2000 hatten Banken aufzuklären. Anerkanntermaßen bestand die Aufklärungspflicht nämlich schon spätestens seit 1989/1990. Tatsächlich ist auch heute noch vielen Kunden nicht bewusst, wie viel Geld Banken und Finanzdienstleister an einem Abschluss von Anlagegeschäften verdienen.

 

Wegweisendes Urteil des BGH im Jahre 2006

Der Bundesgerichtshof hat 2006 in bemerkenswerter Deutlichkeit entschieden, dass eine Bank im Rahmen der Anlageberatung ihren Kunden zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet ist. Der Leitsatz des BGH aus dem Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/05 lautet:

 „Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.“

 Im Laufe der Jahre konkretisierte der BGH seine Rechtsprechung in weiteren Kick-Back-Entscheidungen. So stellte er etwa einige Jahre später klar, dass diese Verpflichtung zur Aufklärung über erhaltene Vertriebsvergütungen auch hinsichtlich geschlossener Fondsbeteiligungen gilt (BGH, Urteil vom 20.01.2009 , XI ZR 510/07).

 

Gefestigte Grundsätze der Rechtsprechung

Mittlerweile hat sich in der ständigen und höchstrichterlichen Rechtsprechung der Grundsatz gefestigt, dass eine Bank im Rahmen der Anlageberatung ihre Kunden über Rückvergütungen immer aufzuklären hat. Der Kunde muss nämlich wissen, wie viel Geld die Bank im Zusammenhang mit der Vermittlung der Kapitalanlage verdient. Hintergrund ist, dass der Kunde über einen etwaigen Interessenkonflikt aufgeklärt werden muss. Der Kunde soll den Ausführungen des Bundesgerichtshofes zur Folge in die Lage versetzt werden, selbst einschätzen zu können, ob die Bank die Anlageempfehlung weniger im Kundeninteresse als vielmehr im eigenen Gewinninteresse trifft.

 

Aufklärungspflicht bestand schon weit vor 2006

Viele Banken versuchten sich infolge dieser Rechtsprechung darauf zu berufen, dass sie hinsichtlich der unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen in der Zeit vor diesen Entscheidungen jedenfalls kein Verschulden treffe. Das Argument war, die sogenannte Kick-Back-Rechtsprechung habe zum Zeitpunkt der Anlageempfehlung noch nicht bestanden und konnte nicht umgesetzt werden. Der BGH erteilte dem jedoch eine Absage. In einem Beschluss aus dem Jahre 2010 stellte der für das Banken- und Kapitalmarktrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH klar, dass die Verpflichtung zur Aufklärung über Rückvergütungen mindestens seit den Jahren 1989 / 1990 bestehe (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010, XI ZR 308/09). Demnach liegt nämlich ein zu Gunsten der Banken wirkender unvermeidbarer Rechtsirrtum nicht vor, weil der Bundesgerichtshof bereits 1989/1990 eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen festgestellt hatte (Urteile vom 28. Februar 1989, XI ZR 70/88 und vom 06.Februar 1990, XI ZR 184/88).  Diese Urteile hatten eine breite Resonanz in der Fachwelt gefunden.

Diese anlegerfreundliche Rechtsprechung ist nur konsequent und verfolgt einen allgemeinen Rechtsgedanken, den schon das Reichsgericht aufstellte. Dieses hatte bereits entschieden, dass der Geschäftsbesorger seinen Auftraggeber über empfangenes „Schmiergeld“ aufzuklären hat (RGZ 134, S. 43 ff.).

 

Chancen für Anleger Schadensersatzansprüche geltend zu machen

Viele Anleger haben infolge dieser Rechtsprechung Chancen, Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend zu machen. Denn in einer Vielzahl von Fällen ist nicht über Rückvergütungen aufgeklärt worden. Übrigens sind auch freie Anlageberater unter Umständen zur Aufklärung über Provisionen verpflichtet.

 

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Aufklärungspflicht über Rückvergütungen

 

Ansprechpartner: RA Christian MertschRA Christoph R. Schwarz