Geschlossene Fonds: LG München I zur Aufklärungspflicht über das Innenhaftungsrisiko

Das Landgericht München I hat ein vielbeachtetes Urteil zur Aufklärungspflicht über die sogenannte Innenhaftung bei Geschlossenen Fonds gefällt (LG München I, Urteil vom 19.12.2014, 3 O 7105/14). Das Urteil könnte nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Berater- und Prospekthaftung haben.

Zu den Hintergründen

In den vergangenen Jahren wurden Geschlossene FondsbeteiligungenUrteil, so etwa Schiffsfonds, Medienfonds, Immobilienfonds, erneuerbare Energien-Fonds und weitere als lukrative Kapitalanlagen vertrieben. Oftmals wurden in der Anlageberatung jedoch lediglich die zu erwartenden attraktiven Renditen herausgestellt, ohne auf die erheblichen Risiken dieser Kapitalanlagen hinzuweisen. Viele Fonds sind in wirtschaftliche Schieflage geraten. Die Konsequenz ist, dass Anleger sich nicht nur mit dem drohenden Verlust des investierten Vermögens konfrontiert sehen, sondern auch noch der Rückforderung erhaltener Ausschüttungen ins Auge sehen müssen. Das Risiko, die erhaltenen Ausschüttungen wieder zurückzahlen zu müssen, ist ein wesentlicher Risikoaspekt dieser Anlageform, über die im Rahmen der Anlageberatung aufgeklärt werden muss.

Nahezu alle Geschlossenen Fonds firmieren unter der Rechtsform der GmbH & Co. KG, der die Anleger als Kommanditisten  mittelbar als Treugeber oder unmittelbar beitreten. Da es sich um unternehmerische Beteiligungen handelt, bestehen nicht unerhebliche Risiken, die sich auch aus der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ergeben. Die rechtlichen Grundlagen, auf die sich die Haftung der Anleger für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaft gründen kann, finden sich zunächst in den §§ 171, 172 Abs. 4 HGB. Diese sogenannte Außenhaftung kommt üblicherweise dann zum Tragen, wenn Ausschüttungen an die Anleger erfolgten, denen keine Gewinne gegenüberstanden. Die Haftung nach §§ 171, 174 Abs. 4 HGB ist jedoch auf die sogenannte Haftsumme – also höchstens die getätigte Einlage – beschränkt.

Neben dieser sogenannten Außenhaftung, existiert noch eine weitere Anspruchsgrundlage nach §§ 30, 31 GmbHG analog, die sogenannte Innenhaftung. Nach diesen gesetzlichen Regelungen zur Kapitalerhaltung muss ein Gesellschafter alle erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Auszahlung unterkapitalisiert war. Dieser Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung auch für einen Kommanditisten im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft. Dies bedeutet, dass der Anleger die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen muss, wenn das Stammkapital der Komplementär-GmbH angegriffen oder die GmbH überschuldet ist. Anders als die Haftung nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB existiert hier jedoch keine Begrenzung durch die Haftsumme. Es können maximal alle entsprechend gezahlten Ausschüttungen zurückgefordert werden.

Das Urteil

In dem entschiedenen Fall wurde weder im Emissionsprospekt noch im Beratungsgespräch auf die Innenhaftung nach §§ 30, 31 GmbHG analog hingewiesen. Zudem lag der Fall so, dass nur 20 Prozent der von dem Anleger eingezahlten Kommanditanlage in das Handelsregister als Haftsumme eingetragen wurde. Damit durfte der Kläger damit rechnen, dass er aufgrund der prospektierten Ausschüttungen nur dann haften müsse, wenn sich durch die Rückführungen seine Einlage unter 20 Prozent reduzieren würde. Für den Anleger war jedoch nicht erkennbar, dass er aufgrund der sogenannten Innenhaftung ungeachtet der Haftsumme im schlimmsten Falle sämtliche Ausschüttungen zurückzahlen müsste. Er machte daher Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung geltend und verlangte die vollständige Rückabwicklung des getätigten Anlagegeschäftes. Das Landgericht München I entschied zu seinen Gunsten. Denn es handelt sich bei diesem Risiko nicht um ein Risiko allgemeiner Natur, so die Urteilsbegründung, sondern bei Nichtaufklärung liegt eine Pflichtverletzung aus dem Anlageberatungsvertrag vor, die zum Schadensersatz berechtigt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und es bleibt abzuwarten, ob das Urteil in der Berufungsinstanz bestätigt werden wird.

Ausblick

Das Urteil könnte erhebliche Auswirkungen haben und die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen vieler Anleger Geschlossener Fonds  deutlich verbessern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in den Anlageberatungsgesprächen das Risiko Ausschüttungen wieder zurückzahlen zu müssen, keine Erwähnung gefunden hat. Oftmals hatten Anlageberater hinsichtlich dieser komplexen rechtlichen Materie auch gar keine Kenntnisse oder entsprechende Schulungen erfahren. Indessen das Haftungsrisiko nach §§ 171, 174 Abs. 4 HGB jedoch in den Emissionsprospekten aufgeführt wird, fehlt oftmals jeglicher Hinweis auf die Haftung nach den Kapitalerhaltungsgrundsätzen des GmbH-Gesetzes. Somit können sich Banken und Finanzdienstleister auch nicht darauf berufen, dass der Anleger aufgrund der rechtzeitigen Übergabe des Prospektes dieses Risiko zur Kenntnis nehmen konnte.

Aufgrund einer wirtschaftlichen Schieflage diverser Fondsbeteiligungen – insbesondere im Bereich der Schiffsfondsbeteiligungen – sehen sich viele Anleger mit der Rückforderung von Ausschüttungen konfrontiert. Spätestens dann sollte der Rat eines im Kapitalanlagerecht versierten Rechtsanwaltes eingeholt werden. Aber Anleger sollten nicht erst warten, bis von Ihnen Ausschüttungen zurückverlangt werden.

Ansprechpartner: RA Christian Mertsch,  RA Christoph R. Schwarz